Gourmetküche: Molekulare Restaurants

Wer sich über Molekulargastronomie informiert, kommt an El Bulli nicht vorbei. Ferran Adrià ist zwar nicht der Erfinder des molekularen Kochens – das war der französische Physiker und Chemiker Hervé This –, aber der vielleicht bekannteste Vertreter der modernist cuisine. Sein Restaurant El Bulli an der Costa Brava ist mittlerweile eine Stiftung. Angehende Kreativköche dürfen hier experimentieren, frei von wirtschaftlichen Zwängen auf der Basis von Stipendien. Aber auch zu den Zeiten, als das El Bulli zumindest den Sommer über regulär geöffnet war, gab es kaum eine Chance auf einen Platz: Fünfzig Plätzen pro Abend standen zwei Millionen Buchungsanfragen für eine Saison gegenüber.

Drei Mal bestes Restaurant der Welt

Mehr als zehn Jahres ist es her, dass Ferran Adrià mit dem El Bulli vom renommierten britischen Restaurant Magazine den Titel bestes Restaurant der Welt erhielt – 2008 zum dritten Mal in Folge. Wer das Glück hatte, einen Platz zu ergattern, musste essen, was auf den Tisch kam. Von sechstausend Experimenten schafften es regelmäßig rund vierzig auf die Showbühne der chemischen Industrie, wie ein Kritiker die Molekularküche im El Bulli einmal bezeichnete. Für 230 Euro gab es immerhin 32 Gänge, darunter Muschel-Mousse, Olivenölbonbons und lyophilisierte Tomaten. Das Fremdwort heißt übrigens nichts anderes als gefriergetrocknet, klingt aber wesentlich besser, oder?

Elemente der Molekularküche in vielen Spitzenrestaurants

In besagtem Jahr 2008 ging übrigens auch der zweite Platz auf der Liste der fünfzig besten Restaurants der Welt an ein Haus, das sich der Molekulargastronomie verschrieben hat. In „The Fat Duck“ verfeinert Heston Blumenthal traditionelle britische Gerichte mit molekularen Elementen. In Deutschland sind Molekularköche eher dünn gesät. Das recht bekannte La Vie von Thomas Bühner in Osnabrück ist derzeit geschlossen. In Berlin ist Michael Hoffmann im Margaux nach wie vor aktiv. Der Schüler von Eckart Witzigmann und Lothar Eiermann betont aber, dass sein Handwerk darin bestehe, ein Lebensmittel bestmöglich zu veredeln – ohne es zu verkünsteln, zu verfremden oder gar zu entstellen. Die von ihm entwickelte Kräuter- und Gemüseküche ist deshalb keine Kopie der Molekulargastronomie von Ferran Adrià, sondern eine vielschichtige, teils sicher auch radikale Form des Kochens, die aber eher von der Erinnerung an seine Großmutter im nordhessischen Dillenburg geprägt ist also von der spanischen Laborküche.

Selbst Kochen ist Trumpf

Wenn es so schwer ist, Molekularküche in öffentlichen Restaurants zu finden, warum dann nicht selbst kochen? Der Einstieg ist gar nicht so schwer und auch nicht teuer. Brauchbare Startersets mit allen wichtigen Küchengeräten und Zutaten, die man normalerweise nicht vorrätig hat, gibt es schon für unter fünfzig Euro. Vielleicht stürzen Sie sich erst einmal auf ein kleineres Gebiet wie das Herstellen von Gelees oder Sphären (Bubbles), die man sehr gut für Vorspeisen und Cocktails verwenden kann. Gelingt das und macht Spaß, steht einem weiteren Ausbau der privaten Molekulargastronomie nichts im Wege.

Leave a reply